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Generalsanierung Egbert-Gymnasium Münsterschwarzach

Beständigkeit für das Leben lernen – Bauen für eine Abtei

Eine Baumaßnahme, die sieben Jahre fortdauert, lässt Zeitgenossen des 21. Jahrhunderts gerne einmal unruhig werden. Die christliche Kirche oder den Orden des Hl. Benedikt und mithin auch die Mönche der Abtei Münsterschwarzach lassen sieben Jahre freilich nicht erschrecken.

Möglicherweise schon 742 als Frauenkloster gegründet, gibt es 819 eine erste urkundliche Erwähnung des Klosters zu Schwarzach. Die verwickelte Geschichte danach muss man nicht unbedingt kennen, um zu begreifen, in welchen Dimensionen eine Klostergemeinschaft denkt, die, wenn schon nicht für die Ewigkeit, so doch für viele Jahrhunderte baut.

Der Namensgeber des Egbert-Gymnasiums von Münsterschwarzach jedenfalls trat 1047 auf den Plan und war in der von ihm reformierten Ordensgemeinschaft bis 1077 Abt, also Erster unter Gleichen. Und weil er, damit die jungen Adeligen eine sittsame und gottesfürchtige Erziehung erhalten sollten, eine Schule gegründet hatte, lag es später nahe, die Klosterschule von Münsterschwarzach mit seinem Namen zu verbinden.

Die Abtei ging insbesondere im 19. Jahrhundert und dann wieder im 20. Jahrhundert, eben in der Zeit der Nazi-Diktatur, durch existenzielle Krisen.

Und doch, wenn es bei Münsterschwarzach ums Bauen geht, so darf man nicht vergessen, dass nach der Wiederbegründung des Klosters die schon in der Säkularisation zerstörte, historische Abteikirche ab 1935 nach den Plänen des Würzburger Architekten Albert Boßlet neu errichtet wurde. So erstaunlich der Bau dieser Kirchenburg in dieser Zeit war,

so klar waren auch die Vorstellungen des Konvents: Vier Türme sollte die neue Abteikirche bekommen, auch wenn das dem renommierten Architekten nichtunbedingt gefallen mochte.

Umfangreiche Bauvorbereitung

Versteht sich also, dass Architekten, die für die Abtei Münsterschwarzach bauen wollen, es von jeher mit einer selbstbewussten und kompetenten Bauherrin zu tun hatten. Daran hat sich bis auf den Tag nichts geändert.

Vor diesem Hintergrund muss man die charmante Anekdote lesen, die Reinhold Jäcklein gerne erzählt, wenn es darum geht, den Auftakt für die Generalsanierung des Münsterschwarzacher Egbert-Gymnasiums zu vergegenwärtigen: „Pater Anselm, der zu dem Zeitpunkt, 2011, noch Cellerar der Abtei war, hat mich angerufen und meinte, komm bitte in die Abtei, Reinhold, wir müssen die Schule umbauen.“

Sieben Gebäude mit den dazugehörigen Freianlagen galt es schließlich nach einer intensiven Vorplanung zu überarbeiten und Räume für einen neuen Ausbildungszweig der Schule, eben den naturwissenschaftlichen Zweig, galt es außerdem in die vorhandenen Schulbauten zu integrieren. Und gerade so, als ob das nicht Aufgabe genug gewesen wäre, es sollten alle Baumaßnahmen auch noch bei laufendem Schulbetrieb realisiert werden.

Die Planung von Jäcklein Architekten für Münsterschwarzach sah vier zeitlich aufeinanderfolgende Bauabschnitte vor. Damit konnte letztlich eine kostspielige Auslagerung der Schule in Container während der Bauzeit vermieden werden.

Die Bauzeit verlängerte sich durch diese Maßnahme und die Baudurchführung wurde komplexer, denn es waren vielerlei Interimsmaßnahmen erforderlich, um den Schulbetrieb aufrechterhalten zu können.

Der Zustand der Gebäude rührte überwiegend noch original aus der Bauzeit in den 1960er- Jahren her. Das Raumprogramm in den Bestandsgebäuden erfuhr in der Folge eine grundlegende Neuordnung, insbesondere der Klassen- und Fachräume sowie der Aufenthaltsbereiche.

Die energetische Aufwertung aller Bestandgebäude war zu leisten samt Erneuerung der Gebäudetechnik und die Erfüllung heutiger Anforderungen an Barrierefreiheit, Brandschutz, Sicherheit und Akustik.

Eingang, Klassen- und Kunsträume

Die Schule erhielt einen neuen, barrierefreien Haupteingang. Die Neuorganisation des Entrees brachte eine großzügige Aufweitung und Auflichtung des Schulfoyers und für das Vorfeld zum Eingang eine vielfältig nutzbare Piazza.

Durch breite Fensterfronten zu beiden Seiten des Foyers sind nun Aus- und Durchblicke von einem zum anderen Pausenhof möglich. Im ersten Bauabschnitt wurde das größte Volumen der Gesamtmaßnahme organisiert und neu strukturiert.

In den Gebäuden D, F und G galt es, die Klassen- und Kunsträume auf einen zeitgemäßen Stand zu bringen und die Mensa für die Ganztagsangebote zu ertüchtigen.

So wurden die im Erdgeschoss von Gebäude D eingerichteten Kunsträume neu organisiert und zu einer großen Freiterrasse hin geöffnet. „Plein Air“ ist im Kunstunterricht von Münsterschwarzach nun unkompliziert möglich. Diese Aufwertung der Kunsträume zeigt somit auch den hohen Stellenwert an, den man der Kunst in der Abtei immer schon zugemessen hat.

Die ursprünglich wenig funktionalen Klassen- und Fachräume im Gebäude D konnten durch einen Vorbau verbreitert werden. In den Obergeschossen dieses dreispännigen Gebäudetraktes befinden sich überwiegend Unterrichtsräume. Die Klassenräume sind nun mit zwischengeschalteten Projekt- und Seminarräumen kombiniert, was zur Umsetzung neuer Unterrichtsformen und -konzepte einlädt.

Vor den Klassenzimmern wurden Balkone angeordnet, die als Mikro-Außenbereich für die Schüler fungieren. Die raumtiefen Fensterfronten weiten die Klassenräume auf. Mit großen Hebe Schiebeflügeln ist eine sehr gute natürliche Lüftung der Klassen möglich.

Die Flure wurden mit Vitrinen für Kunst und Sitznischen aus geweißeltem Eschenholz ausgestattet. Außerdem wurden alle Lichthöfe im Gebäude D aufgewertet und vielfältiger nutzbar gemacht. Darüber hinaus ist die Mitnutzung der neuen Raumgruppen für die Ganztagesschule unkompliziert möglich. Die Möglichkeit einer Ganztagesbeschulung für Kinder und Jugendliche ist keine Erfindung moderner Bildungssysteme und -einrichtungen.

Die Klosterschulen geben beredtes Zeugnis einer wenigstens schon Jahrhunderte währenden Ganztagsbeschulung, die die unterschiedlichen Gesellschaftsschichten zu Bildungsgewinnern werden ließ.

Mensa und Ausgabeküche

Der große Speisesaal mit der Ausgabeküche wurde umgebaut und erneuert. Im zweiten Obergeschoss über der Küche sind nun Musikübungsräume eingerichtet.

Theater: das Große im Kleinen abbilden und sich für die Realität erproben

Schule war immer schon Vorbereitung im Leben auf das Leben. Zumindest dann, wenn sie als die behutsame, aufmerksame und von menschenfreundlichen Werten geleitete Gemeinschaft von Lernenden und Lehrenden verstanden wurde. Einer der schönsten und effektivsten Freiräume für experimentelles, schöpferisches oder exploratives Leben und Erleben ist auch in einer mediengesättigten Welt noch immer das Theater.

Am Egbert Gymnasium weiß man das. Entsprechend dankbar ist die Schule der Abtei als Bauherrin, dass das Theater trotz großer finanzieller Belastung gehalten
werden konnte.

Der gesamte Innenraum samt Bühnentechnik wurde überarbeitet. Die Raumakustik wurde durch eine flachmodellierte grüne Holzvertäfelung verbessert. Die Bühnentechnik dieser klassischen Werkstattbühne drängt sich nicht mehr in den Vordergrund und die Sitzreihen sind insgesamt entstehungszeitlich erneuert. Die Bühne ist also eine der vielen Plattformen im Egbert-Gymnasium, die geradezu dazu ermuntern, sich für sich selbst und im Konzert mit anderen zu erproben, auszutesten und zu integrieren. Hier wird nicht nur das Große im Kleinen abgebildet, es wird auch erprobt.

Fachräume für die Naturwissenschaften

Eine besondere Herausforderung galt es für die Planer beim Gebäudeteil A zu bestehen. Denn dieser Baukörper, der in den 1950er-Jahren als Mönchsoratorium errichtet wurde, und mit seiner westlichen Außenwand unmittelbar an die mächtige Abteikirche grenzt, wurde schon in den 1970er-Jahren für eine schulische Nutzung umgewidmet. Den Architekten war es nun auch darum zu tun, die äußere Erscheinung des Gebäudes schlüssig im historischen Umfeld wirken zu lassen. Der großangelegte Umbau der Schulgebäude war eine notwendige Konsequenz aus der Aufnahme eines neuen Ausbildungszweiges für das Egbert Gymnasium. Ganz in der Tradition der meisten abendländischen Ordensgemeinschaften verbinden sich auch in Münsterschwarzach die Theologie, die Philosophie

die Geisteswissenschaften, die Naturwissenschaften und die Realwirtschaft immer schon zu einer fruchtbaren Einheit, die ihren Platz im Erdkreis hat. So galt es, für den naturwissenschaftlichen Zweig der Schule ebenso komfortable Voraussetzungen zu schaffen wie beispielsweise für die ästhetische Bildung der Schülerinnen und Schüler.

Die Fachräume für die naturwissenschaftlichen Fächer Biologie, Natur und Technik, Physik und Informatik sind beispielgebend gelungen. Die ursprünglich divergente Fassadengestalt im Außenbereich wurde durch die Schaffung von einheitlichen Fensterformaten beruhigt und harmonisiert.

Zur Sicherstellung des baulichen Brandschutzes und der Barrierefreiheit wurde ein außenliegender Fluchttreppenturm errichtet und ein neuer Personenaufzug in das Gebäude integriert.

Anziehende Hülle

So umfänglich wie die Ertüchtigung der Bestandsbauten für die Gegenwart und die Zukunft ausgefallen ist und in den einzelnen Gebäudeabschnitten sichtbar wird, so deutlich erfolgte eine Aufarbeitung der Fassaden, also des Außenkleides der Gebäude, und des gesamten Geländeumgriffs sowie der Freianlagen. Die einst heterogene Erscheinung der einzelnen Bauteile wurde durch einheitliche Putzoberflächen mit Besenstrich, neu geordnete Fenster und Glasfassaden zusammengeführt. Die Farbfassung der Fassade reagiert auf die Muschelkalkbruchsteinfassade der alles dominierenden Abteikirche.

 

Bei den Freianlagen wurde der vorhandene Baumbestand erhalten und ergänzt, zum Beispiel auf der „grünen Insel“, die den befestigten Pausenhof fasst, und im „grünen Pausenhof“.

Auch ein so genanntes grünes Klassenzimmer für den Unterricht im Freien wird eingerichtet. Ein großer Wurf ist die Gesamtanlage nun. Vereinheitlicht, geglättet und in Teilen auch neu organisiert wurde das gesamte Ensemble. Geblieben und bewusst erhalten ist jedoch jede einzelne Stimme, die nach 1930 dem Ensemble beigetreten ist.

Projektdaten

Generalsanierung Egbert-Gymnasium Münsterschwarzach
Schweinfurter Str.40
97359 Schwarzach am Main

Bauherr
Benediktinerabtei Münsterschwarzach
vertr. durch Pater Christoph Gerhard
Weitere Bauherrenvertretung:
Rüdiger Amthor, Karlstadt und Br. Jan Nepomuk Heil OSB

Projektsteuerung
SBW Würzburg, Herr Kraft

Art der Nutzung
Gymnasium mit 4 Zweigen:
Neusprachlich
Humanistisch
Musisch
Naturwissenschaftlich Technologisch

Nutzfläche
9.040 m²

Bruttogrundfläche
15.100 m²

Bruttorauminhalt
60.700 m³

Leistungen Jäcklein Architekten
Architektur
Innenarchitektur
Freiflächenplanung
Brandschutznachweis

Energieausweis nach
ENEV 2016
Unterschreitung
Primärenergie um 64%

Mitarbeit
Sebastian Sterk, Daniela Umbach,
Karsten Otto, Marcel Weimar, Stephan Hofmann,
Julia Beuerlein, Julia Dillamar, Christoph Hayn,
Juhani Karanka

Statik
ALS Ingenieure GmbH, Würzburg

HLS-Planung
BA I: Ingenieurbüro Orf + Vizl, Schweinfurt
BA II-IV: Ingenieurbüro für techn. Anlagen
Etienne & W. Sattes, Seinsheim

Elektroplanung
EP Elektroplanung GmbH, Schwanfeld

Fertigstellung
2024

Kunst am Bau
Matthias Braun, Würzburg

Text
Rüdiger Klein, Bamberg

Fotos
Gerhard Hagen, Bamberg
Katrin Heyer, Dettelbach
RJ
SW Aufnahme Archiv Abtei