Kinder, Kirche, Krisen und Corona
Die Kita der katholischen Kirchenstiftung St. Johannes liegt in einem rückwärtigen Grundstück an der Glauberstraße, am Rande der Altstadt von Kitzingen. Das Grundstück ist nur über eine schmale Zufahrt von der Glauberstraße erreichbar und mit dem schmalen Spinnengässchen fußläufig mit der Altstadt verbunden. In dem Quartier am Main waren früher Handwerks- und Gewerbebetriebe angesiedelt. Inzwischen ist die Wohnbebauung der florierenden Stadt Kitzingen in das Gebiet hineingewachsen.
Der alte Kindergarten war in einem Gebäude einer ehemaligen Dampfrosshaarspinnerei der Firma F.S. Fehrer untergebracht.
Das Gelände wird östlich von einem mächtigen Hochhaus flankiert, das Schatten auf das Grundstück wirft und die Aussicht versperrt. Die neue viergruppige Kita war so zwischen Hochhaus und Spinnengässchen einzufügen, dass getrennte Spielplätze für die Kinder des Kindergartens und für die Kleinen aus der Krippe entstehen.
Die Lösung war ein kompaktes Gebäude, das die damals rechtlich möglichen Abstandsflächen zu den Nachbargrundstücken voll ausnutzt. Trotz der Zwänge ist es gelungen, dass sich alle Gruppenräume nach Südosten orientieren. Mehrzweckraum und Speisesaal öffnen sich nach Nordwesten zum Garten,
in dem die alten Bäume erhalten werden konnten.
Über einen dreiseitig umlaufenden Laubengang können die Kindergartenkinder direkt von ihren Gruppenräumen über eine Außentreppe auf ihr Spielgelände laufen. Die Außenfläche der ebenerdigen Krippe befindet sich unmittelbar vor den Gruppenräumen der Kleinen. Vor dem Eingangsbereich bieten Holzlamellen einen visuellen Schutz zum Hochhaus. Die Holzlamellen ziehen sich in unterschiedlicher Dichte um das Gebäude herum. Der Mehrzweckraum im Erdgeschoss kann durch eine Faltwand vom Foyer getrennt werden. Der Treppenaufgang ins Obergeschoß ist in Stufen integriert, die sich über die gesamte Raumbreite ziehen. Bei Kinderfesten, Theatervorstellungen und anderen Veranstaltungen werden diese breiten Stufen gern als Tribüne genutzt.
Durch die vielfältigen räumlichen Interventionen – Tribüne, Galerien in den Kindergartenräumen, weite und enge Stellen in den Spielfluren, Laubengang –
wurden mit einfachen Mitteln Plätze für Begegnung, gemeinsames Spielen und Feiern, aber auch für geschützten Rückzug geschaffen.
Dank der kompakten Bauform ist das Gebäude wirtschaftlich in den Herstellungskosten und im Unterhalt. Geheizt wird mit Luft-Wasser-Wärmepumpe. Dezentrale Lüftung mit Wärmerückgewinnung.
Bauen unter schwierigen Bedingungen
Als die Planungen für den Neubau 2018 begannen, ahnte noch niemand, dass eine Pandemie schon bald die Welt in ihren Klauen halten würde und dass Personalausfälle, knappe Baustoffe und massive Preiserhöhungen das Projekt erschweren würden. Keiner wusste von der bevorstehenden Umstrukturierung des Bauamtes und dem Baumoratorium der Diözese Würzburg. Dagegen ließ sich der Personalnotstand der Genehmigungsbehörde der Stadt Kitzingen bereits ahnen.
Durch die Umstrukturierung beim Bauamt der Diözese und der Genehmigungsbehörde waren Abstimmungen zeitweise kaum noch möglich. Dass es unter den schwierigen Bedingungen gelungen ist, sowohl Bauzeit als auch Kosten einzuhalten, war für alle Beteiligten ein Grund zur Freude.
Kita St. Johannes
Glauberstrasse 30
97318 Kitzingen
Bauherr
Kath. Kirchenstiftung St. Johannes
vertr. durch Pfarrer Gerhard Spöckl
Art der Nutzung
Kindertagesstätte
Anzahl der Gruppen
2 Gruppen (1–3 Jahre)
2 Gruppen (3–6 Jahre)
Anzahl der Kinder
74
Nutzfläche
643 m²
Bruttogrundfläche
1.120 m²
Bruttorauminhalt
4.640 m³
Leistungen Jäcklein Architekten
Architektur
Innenarchitektur
Freiflächenplanung
Brandschutznachweis
Energiekonzept
Energieausweis nach ENEV 2016
Unterschreitung
Primärenergie um 8%
Mitarbeit
Julia Beuerlein, Karsten Otto
Statik
HF Fischer Ingenieure GmbH, Kitzingen
HLS-Planung
Rauch + Richter Ingenieure, Gochsheim
Elektroplanung
EP Elektroplanung GmbH, Schwanfeld
Fertigstellung
2019
Text
R.J.,
Katharina Winterhalter
Fotos
Gerhard Hagen, Bamberg
Auszeichnung
Architektouren 2022