Das Pfarrheim aus den 1960er Jahren sollte umgebaut und erweitert werden. Eine alte baufällige Scheune bildete den wenig repräsentativen Zugang. Die Scheune war, ebenso wie das anschließende denkmalgeschützte Pfarrhaus aus dem Jahr 1400 im Besitz der politischen Gemeinde. Schnell zeigte sich, dass ein Umbau des alten Pfarrheims wirtschaftlich, funktional und gestalterisch nicht sinnvoll wäre.
Unsere Konzeption schlägt mehrere Fliegen mit einer Klappe:
– Das nicht erhaltenswerte Gebäude aus den 1960er Jahren wurde abgerissen.
– Das Pfarrheim fand seinen Platz in einem Neubau in den Umrissen der ehemaligen Scheune. So wurde die historische Situation eines fränkischen Winkelhofes erhalten.
– Das bis dahin leerstehende denkmalgeschützte Pfarrhaus wurde restauriert und dient als barrierefreier Zugang und Foyer des Pfarrsaales im Neubau.
– Die Jugendräume im Dachgeschoss des Neubaus wurden barrierefrei über Dachterrassen vom Hang her erschlossen.
Das schmale Grundstück beginnt am Dorfanger und reicht mit einer steilen Steigung bis zu den Stammheimer Weinbergen. Sowohl das Pfarrhaus, wie auch der Neubau, sind auf zwei Seiten Grenzbebauungen. Der Gewölbekeller des Nachbarn schiebt sich unter das Grundstück.
Im Dorf wurde die Auffassung geäußert: „Des kört weggschoben.“
Aber das Pfarrhaus stand unter Denkmalschutz. Die Grundstruktur des Gebäudes blieb bei der Umnutzung erhalten. Stein- und Holzgewände wurden wieder hergerichtet, neue geteilte Fenster mit schmalen Holzprofilen und Bleisprossen eingebaut und Fensterläden angebracht.
Das ursprünglich nicht sichtbare Fachwerk ist nun wieder verputzt. Im Obergeschoss mit Pfarrbüro und Besprechungsraum zeigt sich das lange verdeckte fränkische Parkett mit den breiten Nadelholzdielen und dem Eichenkreuz. Stuckdecken aus der Zeit der barocken Überformung des alten Pfarrhauses wurden freigelegt.
Auf der Rückseite des Neubaus wurde das Gelände abgegraben. Ein Innenhof entstand. Eine Treppenanlage und Bruchsteinwände sichern den Hang. Vom Pfarrsaal im Erdgeschoss öffnet sich der freie Blick auf die Stammheimer Weinberge. Eben verputze und weiß gekalkte Wände, weiße glatte Einbaumöbel, geölte Eichenböden und großformatige Fenster mit Eichenrahmen prägen das Erscheinungsbild des Saals.
Im Foyer der Jugendräume im Obergeschoss zeigt sich der 600 Jahre alte Fachwerkgiebel des Pfarrhauses.
Wasserwärmepumpe, Lüftung mit Wärmerückgewinnung, hoch wärmegedämmte Außenbauteile (Wände, Fenster, Dach, Bodenplatte) sorgen beim Neubau für die Unterschreitung der ENEV 2009 (Energieeinsparverordnung) von rund 30 Prozent.
Bauherr:
Kath. Kirchenstiftung Stammheim
Projektsteuerung:
Stefan Ebert
Nutzfläche: 450m²
Umbauter Raum: 2500m³
Bauzeit:
August 2009 bis November 2010
Mitarbeit:
Elisabeth Selesch
Christian Kern
Jürgen Götz vom Büro Unser
(Bauleitung Rohbau)
Stefan Ebert
(Ausführungsplanung, Bauleitung Freianlagen)
Fotos:
Stefan Meyer
(Bestand: AB Jäcklein)
Auszeichnungen:
Architektouren 2011
Beispielhafte Bauten 2011
Energieeffizienz Auszeichnung ByAk
und Bayerisches Staatsministerium